Auf einer Kundgebung in Berlin zeigte sich, dass Antisemitismus trotz großer ideologischer Trennlinien ein verbindendes Glied ist, das Linke zu Unterstützern von Islamisten in ihrem Vernichtungskampf gegen den jüdischen Staat Israel werden lässt.

Meinungsrecherche von P. Millerson
22. Februar 2024

Anlässlich eines Protestes linker antiimperialistischer Gruppen vor dem Rathaus Berlin-Neukölln am 18. Februar 2024 bekundeten Teilnehmende sowie Redende ihre Solidarität mit den jemenitischen Huthi-Milizen, die sich selbst als Ansar Allah (Helfer Gottes) bezeichnen. Die schiitisch-islamischen Huthi werden neben der im Gazastreifen herrschenden Hamas als iranischer Proxy angesehen, sind also Teil der „Achse des Widerstands“, mit der das Teheraner Mullah-Regime die Vernichtung Israels anstrebt und vorantreibt. Derzeit greift diese jemenitische Terrormiliz zivile Handelsschiffe im Roten Meer militärisch an und will so den Stopp des Krieges Israels gegen die Hamas erzwingen.

Neben der putinistischen und extrem antisemitischen „Kommunistischen Organisation“ („revisionistische Fraktion“), die für die Kundgebung verantwortlich war, gab es Redebeiträge unter anderem von der „Palästina Kampagne“, „Eye for Palestine Berlin“ und der Friedenskoordination Berlin. Letztere ist eine „Friedensorganisation“, die in den aktuellen Kriegen in der Ukraine und im Gazastreifen die Position der angreifenden Aggressoren einnimmt und sich so mit der Kreml-Diktatur und der Hamas solidarisiert.

Linke und Islamisten im obsessiven Judenhass vereint (Berlin, 18.2.2024)

Der tief sitzende Judenhass der „Kommunistischen Organisation“ (KO) manifestiert sich vor allem in einer Stellungnahme, die sie zum Ende eines Kongresses in Berlin veröffentlichte, genau zwei Tage nach dem Massaker in Israel, bei dem Hamas-Terroristen und verbündete islamistische Milizen über 1100 Menschen wahllos töteten, Frauen bestialisch vergewaltigten und rund 240 Bewohnende Israels als Geiseln entführten. Das judenfeindliche Pogrom vom 7. Oktober 2023 wird von ihnen als “Befreiungskampf des palästinensischen Volks” bezeichnet und sie sprechen ihre “volle Solidarität und Verbundenheit mit dem mutigen und entschlossenen Kampf Palästinas” aus. Weiter würdigten sie diesen Terrorangriff als “ein leuchtendes Signal für den weltweiten Kampf gegen die Barbarei und für die Befreiung der Menschheit!”.

Auch in den Wortbeiträgen auf der Kundgebung in Berlin war Antisemitismus prägend. Ohne jeden Zweifel stellte man sich voll und ganz an die Seite der Hamas und der Huthi. Durchweg wurde der Terror der jemenitischen Islamisten gegen die zivile Handelsschifffahrt gelobt. Demgegenüber verurteilte man die Angriffe der USA und von Großbritannien auf Stellungen der Terroristen, deutete sie als Attacken auf den gesamten Jemen um. Ebenso wie diese Fake-Story wurde die Lüge verbreitet, der Internationale Gerichtshof habe Israel aufgefordert, „den Völkermord an den Palästinensern zu beenden“. Damit verbunden behauptete ein Redner der Kundgebung, dass Jemen „im Einklang mit dem Völkerrecht“ handeln würde. Hier wurde so getan, als ob die von Iran unterstützten schiitischen Islamisten den gesamten Jemen beherrschen, was faktisch falsch ist.

Seit 2014 kämpfen die Huthi, die rund ein Drittel der jemenitischen Bevölkerung ausmachen, gegen die jemenitische Regierung und ein von Saudi-Arabien geführtes Militärbündnis. In ihrem Kampf mit dem Ziel, die Kontrolle über den gesamten Jemen zu gewinnen, werden sie von der libanesischen Terrormiliz Hisbollah und vor allem vom Iran unterstützt, der verantwortlich für das immense Waffenarsenal der Huthi aus Raketen, (Unterwasser-)Kampfdrohnen, Antischiffsraketen und Marschflugkörpern ist. Als schiitische Gruppierung verstehen sich die Huthi als Teil der iranisch-imperialistischen „Achse des Widerstands“, die in der Diktion der Teheraner Ajatollahs primär gegen den Westen und Israel gerichtete Kräfte der Region umschreibt und vereint. Der Antisemitismus der Ansar Allah drückt sich in ihrer Kampfparole „Gott ist groß, Tod für Amerika, Tod für Israel, Fluch den Juden, Sieg für den Islam“ aus. Deutlicher kann man den eliminatorischen Judenhass der Huthi, die sich jetzt aktiv am Kampf der Hamas gegen Israel beteiligen, nicht darstellen.

Während des Protests vor dem Rathaus Neukölln, an dem rund 80 Demonstrierende teilnahmen, wurden Menschen, die im Vorübergehen laut Kritik an der terrorunterstützenden Kundgebung äußerten und auf die deutsche NS-Geschichte aufmerksam machen wollten, als Nazis beschimpft und körperlich angegriffen. Die Polizei, die anfänglich mit nur zwei Beamten vor Ort war, schien sichtlich überfordert zu sein mit der teilweise fanatischen Menge.

In ihrem antisemitischen und antiimperialistischen Kampf gegen Israel und die USA verbünden sich, wie hier zu sehen ist, linke Gruppen mit den Proxys des imperialistischen Mullah-Regimes im Iran, mit der Hamas im Gazastreifen, der Hisbollah im Libanon und den Huthi im Jemen. Sie werden – mindestens auf der propagandistischen Ebene – Teil der iranischen „Achse des Widerstands“ im Kampf gegen die verhassten USA und den ebenso verhassten jüdischen Staat Israel.

Bereits in der Geschichte wurden über ideologische Grenzen hinweg unausgesprochen ein gemeinsamer Kampf geführt, der eines gemeinsam hatten: Antisemitismus. So bildete in der Tageszeitung der KPD, Die Rote Fahne, das Stereotyp vom „reichen und mächtigen Juden“ bzw. des „jüdischen Kapitals“ in der ganzen Epoche der Weimarer Republik ein wiederkehrendes Muster, das auch nicht aufgegeben wurde, als die NSDAP mit ihrer antisemitischen Hetze gegen das „raffende Kapital“ populärer und gefährlicher wurde, schreibt Olaf Kistenmacher in einem Aufsatz über „Antisemitische Stereotype und antifaschistisches Selbstverständnis in der Tageszeitung der KPD während der Endphase der Weimarer Republik“.[1] Und gerade in den Jahren 1928 bis 1933, in denen die KPD als antifaschistische Partei gefordert gewesen wäre, so Kistenmacher in seiner Analyse, benutzte das Zentralorgan der KPD das antisemitische Stereotyp vielmehr, um ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis von Nationalsozialisten und „reichen Juden“ zu konstruieren.

Im Gegensatz zu damals ist vor allem der antisemitische Antizionismus der gemeinsame Nenner, auf den sich linke antiimperialistische Gruppen und fundamentalistische Islamisten einigen können. Diese Einigkeit wird auf Demonstrationen sichtbar, wo sie gemeinsam die Parole „Yemen, Yemen make us proud, turn another ship around“ anstimmen und damit die Verbrechen der terroristischen Huthi rechtfertigen, die Israel den Krieg erklärt haben. Hinzu kommt, dass weder in Stellungnahmen noch in Reden eine Distanzierung vom judenfeindlichen Pogrom der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel zu vernehmen ist. Wie bei der „Kommunistischen Organisation“ ist bei vielen, wenn nicht allen, ähnlich ausgerichteten Organisationen das Gegenteil der Fall. Sie gratulieren der Hamas und den Huthi zu ihren menschenverachtenden Verbrechen.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass der Antisemitismus mehr und mehr zum obsessiven Element weiter Teile der linken Szene wird und ein Schlüssel für Bündnisse mit fundamentalistischen Islamisten ist. Diese streben alles andere als ein emanzipatorisches Gesellschaftsmodell an, was überall dort zu sehen ist, wo sie regieren oder an der Macht sind.


Fußnoten

[1] Olaf Kistenmacher: „Nazis für jüdisches Kapital“ – Antisemitische Stereotype und antifaschistisches Selbstverständnis in der Tageszeitung der KPD während der Endphase der Weimarer Republik, 1928-1933; in: Wilhelm Fink (Hg.): Der sich selbst entfremdete und wiedergefundene Marx, Brill Fink, Wilhelm Fink Verlag, Leiden (NL) 2010