21. Mai 2024

Vor dem Hintergrund des Gaza-Krieges fand der jährliche Aufzug zum Nakba-Gedenken in Berlin im Vergleich zu den Vorjahren mit einem erheblichen Zulauf an Teilnehmenden statt. Laut Polizeiangaben beteiligten sich an der Spitze über 6000 Personen. Die Nakba gilt im Zuge des ersten arabisch-israelischen Krieges 1948 der palästinensischen Bevölkerung als Synonym für Flucht und Vertreibung aus dem heutigen Staatsgebiet Israels, wobei die Verantwortung einseitig auf Israel geschoben wird.

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18.05.2024 Berlin: Demonstration zum 76. NAKBA-Tag

Neben den traditionellen Organisationen der palästinensischen Diaspora und deren Umfeld war deutlich eine erhöhte Präsenz von antiimperialistischen und trotzkistischen Gruppierungen sichtbar. Trotz andauernder Menschenrechtsverletzungen wie im Iran, Ukraine, Jemen, Sudan oder der Türkei ist die Aufmerksamkeit auf Israel überproportional groß, was auf eine Romantisierung der palästinensischen Nationalbewegung und israelbezogenen Antisemitismus als ein zentrales Bindeglied unter den heterogenen Gruppen zurückzuführen ist. In völliger Empathielosigkeit gegenüber den Opfern des 7. Oktober 2023 und der immer noch verschleppten Geiseln, war die Verherrlichung des Terrors von Hamas und Islamischen Dschihad ein wesentlicher propagandistischer Bestandteil der Demonstration.

Auf Plakaten und in Parolen wurde die Terrororganisation, die sich der Vernichtung Israels verschrieben hat und auch brutal gegen israelische und palästinensische Zivilistinnen vorgeht, bagatellisiert. Des Weiteren wurde immer wieder zu einer Intifada aufgerufen, womit sich auf zwei gewaltsame, auch von Selbstmordattentaten auf israelische Zivilistinnen geprägte palästinensische Aufstände von 1987 bis 1993 und 2000 bis 2005 mit hunderten Toten bezogen wurde. Ein Schild verkehrte den Terror einer Intifada sogar zum Völkerrecht. Ein anderes, auf den ersten Blick naives Schild, stellte israelische Bomben kindlichen Drachen gegenüber. Vor dem Hintergrund terroristischer Kriegsführung, bei der mit Brandsätzen bestückte Drachen über die Grenze geflogen werden, die dann ganze Felder entzünden, stellt das eine Verniedlichung dar. Wie auf diesen Demonstrationen oft zu beobachten, wurden auch dieses Mal Kinder dazu angeleitet, den Terror einer Intifada in Sprüchen hochleben zu lassen und deutschen Medien systematisches Lügen zu unterstellen. Mit der skandierten Forderung „we want ‘48“ nach Rückkehr zur geopolitischen Lage von 1948 und damit vor der Staatsgründung Israels, unterstützten die Demonstrierenden die Position nach einem sogenannten befreiten Palästina ohne den israelischen Staat im Nahen Osten. Der Wunsch nach Auslöschung Israels manifestiert sich ebenso im Slogan „From the River to the Sea, Palestine will be free“, der in Berlin per Auflage verboten ist und sanktioniert wird. Nachdem dieser vom Lautsprecherwagen aus skandiert wurde, griff die Polizei ein und nahm mehrere Teilnehmende in Gewahrsam.

Antijüdische Vorurteile, die auf Verschwörungserzählungen aus dem christlichen Antijudaismus zurückgehen und behaupten, Juden würden Kinder rauben, bediente unter anderem Cahar EL-Ahmad, eine zentrale Aktivistin der palästinensischen Community, aus der seit Mitte Oktober 2023 wöchentlich antisemitische Proteste in Berlin organisiert werden. Immer wieder sind auch jüdische Gruppen an diesen Protesten beteiligt, die die Rolle der Kronzeugen einnehmen und trotz antisemitischer Parolen und der Glorifizierung von Terror vom Vorwurf des Antisemitismus entlasten.

Die Demonstration zum 76. Nakba-Gedenken stand ganz im Schatten des andauernden Krieges im Gazastreifen. Auch wenn die Teilnehmerzahlen an dieser Demonstration wieder höher ausfielen, die Mobilisierungsfähigkeit der Szene insgesamt ist wieder am Abnehmen. Beim harten Kern jedoch ist eine systematische Radikalisierung festzustellen, die immer offener mit dem Sympathisieren mit reaktionären, islamistischen und terroristischen Organisationen einhergeht.

Quelle: Recherchenetzwerk Berlin